Wo komme ich her?
Manchmal kann es passieren, dass man mit der Adoption plötzlich nicht mehr so gut zurecht kommt, wie bisher. Es kann in jeder Altersstufe passieren und verschiedene Auslöser haben.
Die Vergangenheit kann einen einholen, man wird mit Fragen konfrontiert, auf die man nicht vorbereitet war, man kommt schlicht und einfach in die Pubertät und wird neugierig, es entstehen Sehnsuchtsgefühle und
Traurigkeit breitet sich aus.
Die Fragen nach dem „Warum gab sie mich weg“, „Warum gerade mich“, „Warum konnten sie mich nicht lieben“ können sich tief in die Seele brennen und langfristig das Selbstwertgefühl beschädigen. Ich glaube daran, dass einschneidende Erlebnisse in den Entwicklungsphasen nach Freud Auswirkungen auf das Leben im Unterleib, über die Geburt bis in die Pubertät haben können. Die Trennung der Mutter ist ein traumatisches Erlebnis, welches sich in jeder Entwicklungsphase weiterentwickelt und große Auswirkungen und Konsequenzen auf das Denken, Fühlen und Handeln eines Menschen haben kann. Dies kann dazu führen, dass sich bei dem Adoptierten Gefühle von Ablehnung entwickeln.
Wer bin ich überhaupt?
Die Frage nach dem „Wer bin ich überhaupt“ entsteht aus einer Verzweiflung heraus, keine leiblichen, sich äußerlich ähnelnden Eltern zu haben, an denen man äußerliche Erbmerkmale erkennen kann. Je nachdem, wie alt das Adoptivkind war und wie lange es mit den Adoptionseltern zusammengelebt hat, entwickeln sich aber auch innerhalb von Adoptionsfamilien Gestiken und Mimiken, Lebenseinstellungen und Lebensgrundlagen die durch das sog. Lern-Modell entstehen, wo durch Nachahmung und Beobachtungen Verhaltensweisen kopiert werden. Dennoch wird nach den „gleichen Augen“, den gleichen „Gesichtszügen“ gesucht, als Beweis für eine leibliche Familien- und Blutslinie. Nicht zu wissen, wie die eigenen leiblichen Eltern aussehen, aus denen man entstanden ist, ist befremdlich und dieses Fremd-Gefühl überträgt man auf sich selbst. Es ist schwer eine feste Persönlichkeit zu entwickeln, einen roten Faden im Leben zu erhalten, da man nicht weiß, wohin man soll, weil man nicht weiß, wer man ist.
Wie entstand ich eigentlich?
Für eine Adoptionsfreigabe gibt es viele Gründe. Wurde die Mutter vergewaltigt, ist es für Adoptierte schwer zu verkraften. Insuffizienzgefühle, Identitätskrisen und die Frage nach der „Erlaubnis der eigenen Existenz“ entwickeln sich, welche den Sinn des Lebens in Frage stellen können. Gedanken wie „Ich dürfte gar nicht leben“, „Welcher Teil von mir ist böse“ entstehen und kleben an der Seele wie Klebstoff. Ähnliche Gedanken entstehen bei Vernachlässigung oder Misshandlungen. Wenn ein Kind vernachlässigt wurde, dann fühlt es sich von den leiblichen Eltern abgelehnt und ungeliebt, daraus können Gedanken der Wertlosigkeit entstehen. Wichtig ist zu lernen, dass die Entstehung nichts mit der eigenen Persönlichkeit und dem eigenen Selbstwert zu tun haben sollte.
Warum bin ich bloß so?
Mit all den oben beschriebenen Gedanken, kann das Leben von Adoptierten komplett kippen und aus der Bahn geraten. Depressionen können die Folge sein. Es ist dann schwer für Adoptierte sich Hilfe zu suchen, da die Hilfe von Seiten der Adoptiveltern selten angenommen wird, aufgrund von Schuld- und Schamgefühlen seitens der Adoptierten und von Generationskonflikten. Oft sind die Adoptiveltern selbst überfordert mit der Situation, entstand doch die Adoption aus Liebe zu einem „eigenen“ Kind. Es entstehen Missverständnisse und oftmals steht der Vorwurf im Raum, die Adoption an sich in Frage zu stellen. Gepaart mit der elterlichen Überforderung, pubertärem Temperament, Vorprägungen seitens der Adoptierten entsteht schnell immer wieder neues Konfliktpotenzial, welches allerdings mit einer professionellen Unterstützung meinerseits betrachtet und analysiert werden kann.
Die Folgen:
Die verdrängten Gefühle, wie
Wut und Angst, Trauer oder Scham und Schuld im Zusammenhang mit der Adoption, können sich in verschiedensten Formen zeigen:
in freudlosen oder stressigen alltäglichen Berufsalltag, in angespannten Beziehungen zu Partnern, der Familie und den Adoptionseltern und/oder im Körper. Dies zeigt sich oft auch, wenn der oder die Adoptiere eine andere Hautfarbe bzw. andere äußerliche Merkmale hat, als die Adoptiveltern.
Im Menü gehe ich näher auf die einzelnen Symptome ein.
Es gibt Möglichkeiten schon quälenden Fragen vorzubeugen und dem noch jungen Adoptivkind oder den erwachsenden und jugendlichen Adoptierten die Ängste und Sorgen zu nehmen.
Da ist der Geschäftsmann, der sich hinter seiner Arbeit versteckt, um unangenehmen Situationen aus dem Weg zu gehen, enttäuscht seine Familie und sich selbst, schafft es aber nicht, sein Leben zu ändern, denn dieses würde bedeuten, er müsse sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen und das ist viel zu schmerzhaft. Zu seinem leiblichen Vater hat er wieder Kontakt. Es ist jedes Mal enttäuschend. Sein Adoptivvater macht dies sehr traurig. Erklärungen liegen ihm nicht, so geht er seiner Adoptivfamilie aus dem Weg.
Das Mädchen, welches mit ihrer Haut und ihren Augen, anders aussieht, als ihre Eltern und sich verloren und einsam fühlt, jeden Morgen, wenn es in den Spiegel sieht. Sie ist es leid, fremden Leuten erzählen zu müssen, woher sie kommt. Sie ist dankbar und doch traurig und möchte ihre Eltern nicht enttäuschen, daher wagt sie nicht zu fragen, wer ihre leibliche Mutter ist. Die Folge ist, dass sie sich zurückzieht, Konfrontationen sucht und keine Beziehung haben möchte, aus Angst Nähe zuzulassen.
Der Mann, der mit seinen 40 Jahren eigentlich in der Mitte seines Leben stehen müsste, jedoch jeden Job verliert, weil seine Gedanken überall sind, außer bei der Arbeit. Er ist das wandelnde Chaos, fühlt sich von allen Missverstanden und abgelehnt, weil seine Mutter ihn „weggegeben“ hat. Eine Freundin kann er nicht halten, weil er sie jedesmal erdrückt. Er weiß nicht, wer er ist. Seine Adoptiveltern wollen ihm helfen, doch er lehnt die Hilfe ab.
Die Frau, die es allen Recht machen will. In der Kanzlei muss sie funktionieren, was auch gut klappt, bis sie alleine in die leere Wohnung kommt. Bei Freunden ist ihr Lachen bezaubernd, doch innerlich fühlt sie sich leer. Das Glas Wein jeden Abend und die gelegentlichen Treffen mit einem Mann, füllen sie nicht mehr aus. Mit den Adoptiveltern gibt es nur noch Streit. Sie konnte Ihnen noch nie etwas Recht machen. Ihre Adoptiveltern wünschten, sie hätten sie nie zu sich genommen. .
Die Eltern, die ihrem kleinen Jungen liebevoll durchs Haar streicheln und froh sind, dass er endlich schläft. Heute hat er schon wieder seinen Klassenkameraden mit hochrotem Kopf geschlagen und getreten. In der Schule erzählt er niemanden von seiner Adoption, sondern lügt. Zuhause lässt er keine Nähe mehr zu. Die Situation ist unerträglich geworden und der Vater denkt manchmal, ob die Adoption ein Fehler war.
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